Juden in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg
Marc Olde Kalter
Anmerkung der Redaktion:
Dies ist die Facharbeit eines holländischen Schülers, der dazu schreibt: „Diese Facharbeit ist für jedermann, jung und alt, der mehr über das Leben der deutschen Juden in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg wissen möchte.“ Mögen die deutschen Lehrer sich davon inspirieren lassen und ihre Schüler dazu anregen, sich der jüngsten Vergangenheit Deutschlands, die uns scheinbar wieder einholt, zu widmen!
Der Krieg ist vorbei
Wie viele Juden waren im Jahre 1945 in Deutschland und wie wurden sie behandelt?
Anzahl Juden vor und nach dem Krieg
In Deutschland lebten vor der Machtergreifung Hitlers 515.000 Juden. 1933 kam die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP ) von Hitler an die Macht. Hitler wurde Reichskanzler. Für Juden wurde es immer schwieriger, ein normales Leben zu führen. Die NSDAP veranlasste 1933 eine Boykottaktion jüdischer Geschäfte. Ungefähr 37.000 Juden flüchteten aus dem Land. Die "Nürnberger Gesetze" vom September 1935 ermöglichten eine weitere Diskriminierung der Juden. Jüdische Ärzte durften nicht mehr für Krankenkassen arbeiten, Juden wurde der Eintritt in den Reichsarbeitsdienst verboten, Juden durften nicht mehr promovieren, Juden und Nichtjuden mussten in Krankenhäusern getrennt werden. Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wird als Reichskristallnacht oder Reichspogromnacht bezeichnet. Über 1.400 Synagogen und sonstige Versammlungsräume sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe wurden zerstört.
Im Jahre 1933 wohnten ungefähr eine halbe Million Juden in Deutschland. Im gleichen Jahr kam es zur Entlassung aller Juden aus dem Staatsdienst, und die national-sozialistischen Machthaber erließen im Frühjahr einen Aufruf, jüdische Geschäfte zu boykottieren. Im September 1935 wurden die Nürnberger Gesetze erlassen. Im Jahre 1938 wurden nur noch etwa 234.000 Juden in Deutschland gezählt. Im Jahre 1942 war die Zahl auf etwa 80.000 gesunken, wovon nahezu die Hälfte in Berlin lebte. Die meisten Juden gingen in die Vereinigten Staaten und nach Palästina, aber es gab auch noch Juden, die in die europäischen Länder wie England, Frankreich oder die Niederlande auswanderten.
Der Zweite Weltkrieg war von 1939 bis 1945. Die „Endlösung der Judenfrage" in den Kriegsjahren bedeutete in Deutschland die gnadenlose Vernichtung des jüdischen Volkes. Der Krieg kostete 165.000 deutschen Juden das Leben. Sie wurden in Vernichtungslagern und Konzentrationslagern ermordet. Im Jahre 1945 hatten schätzungsweise 5.000 bis 9.000 der Juden in Deutschland den Holocaust in der "Illegalität" überlebt. Etwa 14.000 waren durch ihre Verbindung mit nicht- jüdischen Ehepartnern der Massenvernichtung entgangen, weitere 8.000 bis 9.000 hatten Todesmärsche, Konzentrationslager und Transporte überstanden.
Die Machtübernahme
Am 5. Juni 1945 übernahmen die Vier Mächte (die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich, Frankreich und die Sowjetunion) die Deutsche Regierung. Das Land wurde in 4 Sektoren aufgeteilt. Deutschland und ganz Europa war ein Scherbenhaufen: die Städte waren zerstört, Industrie und Gewerbe lagen am Boden und die Bewohner sahen der Zukunft voll Verwirrung und Angst entgegen. Es kostete viel Arbeit, eine Welt wiederaufzubauen, in der zu leben es sich lohnte. Im Jahre 1945 waren fast zwölf Millionen Menschen in West- und Mitteleuropa nicht dort, wo sie eigentlich sein wollten. Nach dem Krieg wurden die meisten Juden in Lagern für ‘displaced persons‘ untergebracht. Eine Definition für die DP’s von H. Harmsen lautet: “Der Ausdruck „verschleppte Person“ wurde dabei auf eine Person bezogen, die infolge von Handlungen der Nazis oder faschistischer Regierungen oder deren Verbündeter im Zweiten Weltkrieg oder durch Quisling- und ähnliche Regierungen deportiert wurde oder gezwungen wurde, das Land ihrer Nationalität oder ihren früheren Wohnsitz zu verlassen, wie auch Personen, die gezwungen wurden, Zwangsarbeit zu leisten, oder die aus rassischen, religiösen oder politischen Gründen deportiert wurden.“
Displaced Persons
Im Jahre 1946 waren etwa 74.000 Juden in den Westzonen Deutschlands in Lagern für ‘Displaced Persons‘ untergebracht. Die Gruppe der jüdischen DPs sollte bis Ende 1947 rund 200.000 Personen umfassen. Mit dem DP-Status verbunden waren Betreuung, zusätzliche Verpflegung, Kleiderzuteilungen und Unterkunft in eigens dafür eingerichteten Lagern, den DP-Lagern oder "Assembly Centers". Die Beziehungen zwischen den DPs und den Einheimischen waren nicht einfach. In der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) entstanden keine Lager für Displaced Persons. Die jüdische Nachkriegsbevölkerung bestand hier also zu einem überwiegenden Teil aus deutschen Juden, die entweder aus den KZs befreit worden waren, in der Illegalität oder in Mischehen am Ort überlebt hatten oder aus der Emigration zurückkehrten.
Im September 1946 wurde ein Bauer auf seinem Hof in der Nähe des Lagers von sechs bewaffneten polnischen Räubern überfallen, die entkommen konnten und nicht mehr aufzufinden waren. Einige Zeit später begegnete der Bauer auf der Straße einem jungen chassidischen Juden aus dem Lager und behauptete, in ihm einen seiner Angreifer wiederzuerkennen. Der darauffolgende Prozess gegen den Beschuldigten Natek Szlamowitz lag in der Zuständigkeit der amerikanischen Militärbehörden. Der Verteidiger, Samuel Gringauz, der Vorsitzende des Rats der befreiten Juden, konnte im Kreuzverhör die Vorwürfe ohne weiteres entkräften, da sich die Mitglieder der Familie Bauer bei der Beschreibung der Eindringlinge in keinem einzigen Detail einig werden konnten. Und Szlamowitz wurde freigesprochen. Trotz der dürftigen Beweislage drängten sich im Gerichtssaal Juden aus dem DP-Lager dicht an dicht und verfolgten den Prozess mit ziemlicher Besorgnis. Zufällig fiel der Tag des Urteils auf Purim, das Fest, an dem die Errettung der persischen Juden vor der Vernichtung durch Haman, den Wesir des Königs, gefeiert wird. Dass der Prozess dann zugunsten Szlamowitz ausging, passte perfekt zum Thema des Tages. Gringauz schrieb in seinem Bericht für eine jiddische Zeitung über dieses Ereignis:
“Heute ist Purim, und alle Juden feiern heute die Niederlage aller mächtigen Hamans. Und das tun sie auch in Deggendorf.“
In den Jahren 1945-50 hielten sich zeitweise bis zu fast 200.000 jüdische DPs in Deutschland auf. Entsprechend einer Erhebung vom 29. Oktober 1946 hielten sich in den vier Besatzungszonen und Großberlin 112.013 Juden in DP-Lagern auf, 44.692 außerhalb. Die großen DP-Lager in Bergen-Belsen, Föhrenwald, Landsberg, Berlin usw. waren in den Jahren bis 1950 die eigentlichen Zentren jüdischen Lebens und Überlebens auf deutschem Boden. Das Lager Bergen-Belsen wurde das offizielle Zentrum der Zionisten, die zuerst die geheime, später die offizielle Auswanderung nach Israel organisierten. Es entstanden Lagerzeitungen, Theatergruppen und Schulen, deren gesamte Tätigkeit einzig auf das Ziel der Alijah gerichtet war. Insgesamt wuchs die israelische Bevölkerung bis Ende 1948 um knapp 678.000 Personen, wovon knapp 327.000 aus Europa stammten.
Die ostjüdischen Flüchtlinge
Die polnischen Juden konnten in ihre früheren Wohnorte in Polen zurückkehren. Hier mussten sie jedoch feststellen, dass ihr Besitz enteignet worden war und es ihnen kaum möglich sein würde, diese zurückzuerhalten. Denn ihre Bemühungen um die Rückerstattung ihres Eigentums stießen auf heftigen Widerstand der Bevölkerung, in dessen Folge es 1946 zu einem Pogrom in Kielcze mit mehr als 40 jüdischen Opfern und 60 Verletzten kam. Die Suche nach Familienangehörigen blieb meist erfolglos; es gab keinen Grund mehr, sich um einen Neuaufbau der Existenz am früheren Wohnort zu bemühen. Das Ziel war Palästina.
Die Reaktion der Besatzungsmächte
Die Besatzungsmächte (die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich, Frankreich und die Sowjetunion) begrüßten die Flüchtlinge jedoch keineswegs mit offenen Armen. Man muss zwischen Briten und Amerikanern und zwischen osteuropäischen Juden und deutschen Juden unterscheiden. Bei den Amis war es so, dass überlebende Juden sich relativ schnell wieder ihr eigenes Leben aufbauen konnten. Bei den Briten sah das etwas anders aus. Die Briten sagten, dass überlebende deutsche Juden Deutsche waren, und dass sie als Deutsche – wie nicht-jüdische Deutsche auch – den Status von enemy aliens hatten. Ihre Konten, die schon die Nazis eingefroren hatten, blieben weiter eingefroren. Die überlebenden Juden hatten schwer gelitten und das führte dazu, dass Tausende zwar erst einmal überlebt hatten, aber nach Kriegsende starben. Die Flucht der ostjüdischen Überlebenden wurde bis zu einem gewissen Grad tatsächlich von zionistischen Organisationen gelenkt, da die Briten mit ihrer nach 1945 geführten Mandatspolitik in Palästina keinerlei Verständnis für die Situation der Juden zeigten und nun mit der Masse der Flüchtlinge unter Druck gesetzt wurden, diese Politik zu revidieren. Die erste und sicher wichtigere Folge war die Beendigung des britischen Mandats in Palästina am 14. Mai 1948. Die zweite Folge betraf die USA: Mit dem ‘Displaced Persons Act‘ vom Juni 1948 öffneten die USA die Tore für die DPs aller religiösen Bekenntnisse, politischen Überzeugungen und Nationalitäten. Selbstverständlich mussten alle US-Immigranten gesund sein.
Neue Organisierung
Als im Jahre 1949 die Bundesrepublik Deutschland gegründet wurde, erkannten die inzwischen schon etwas konsolidierten jungen jüdischen Gemeinden die Notwendigkeit, im neuen Staat eine überregionale Organisation zu schaffen, wollten sie nicht die Vertretung ihrer Interessen allein den ausländischen Hilfsorganisationen und der Jewish Agency überlassen. So kam es 1950 zur Gründung des Zentralrates der Juden in Deutschland aus Delegierten von Landesverbänden und Gemeinden. Der Zentralrat ist heute der offizielle Sprecher der Juden in der Bundesrepublik.
Die Regierung und die deutschen Juden
Was tat und tut die Regierung für die deutschen Juden?
Kapitulation im Jahr 1945
1945 war das Ende des Zweiten Weltkrieges. Am 7. Mai 1945 wurde in Reims die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht unterzeichnet. Wie gesagt wurde Deutschland in vier Sektoren aufgeteilt. Die Westlichen Alliierten vereinigten sich 1949 in die Bundesrepublik Deutschland (auch bekannt als West-Deutschland). Ost-Deutschland wurde unter Einfluss der Sowjetunion zur Deutschen Demokratischen Republik. Am 14. August 1949 fand die erste Wahl für den Deutschen Bundestag statt. Am 15. September 1949 wählte der Bundestag mit exakt der benötigten Mehrheit Adenauer zum Bundeskanzler. Dieser bildete eine Regierungskoalition aus CDU/CSU, FDP und DP (Deutsche Partei).
Die Wiedergutmachung
Die Wiedergutmachung kann man unterscheiden in Entschädigung der Personen und Rückerstattung von geraubtem Eigentum. Schon lange vor Kriegsende (1941) stellte Nahum Goldmann fest, dass die Juden, wenn Reparationen gezahlt werden sollten, die ersten seien, die ein Recht darauf hätten. Auf der War Emergency Conference des Jüdischen Weltkongresses 1944 in Atlantic City wurden in einer Resolution die folgenden Forderungen aufgestellt:
„Wiedergutmachung und Entschädigung für die noch existierenden jüdischen Gemeinden und für einzelne Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen; Anerkennung des Prinzips, dass das jüdische Volk Anspruch hat auf eine kollektive Wiedergutmachung für die materiellen und moralischen Verluste – erlitten von der deutschen Nation, ihren Institutionen – oder für einzelne Juden, die oder deren Erben individuelle Ansprüche nicht mehr anmelden können.“
Luxemburger Abkommen 1952
Das Luxemburger Abkommen oder Wiedergutmachungsabkommen ist ein am 10. September 1952 geschlossenes Übereinkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland auf der einen Seite sowie Israel und der Jewish Claims Conference (JCC) auf der anderen. Der deutsch-israelische Vertrag verpflichtete die Bundesrepublik zu Zahlungen oder Warenlieferungen in Höhe von 3 Milliarden D-Mark an Israel und 450 Millionen D-Mark an die Jewish Claims Conference. Die Juden vermieden ganz bewusst den Begriff “Wiedergutmachung“ und viele Opfer taten sich anfangs schwer, von der deutschen Seite Geld anzunehmen. Auch Menachem Begin war gegen diese Verhandlungen. Er warf den Befürwortern vor, die Würde der Opfer zu missachten, wenn sich die Mörder mit ‘Blutgeld‘ von ihrer Schuld loskaufen wollten.
So schreibt Sichrovsky:
“Die Wiedergutmachung war eine Wieder-JUD-Machung. Die Überlebenden wurden gezwungen, sich bittend und bettelnd anzustellen, um den Mördern zu einer guten Tat zu verhelfen. Nicht die Tat wurde damit wiedergutgemacht, sondern die Täter!“
Aber die Regierung des jungen Staates unter Ben Gurion benötigte dringend Finanzmittel. Es gab keine andere Möglichkeit. Nahum Goldmann, der als Präsident der Jewish Claims Conference an den Verhandlungen teilnahm, sagte 1976:
“Ohne die deutschen Wiedergutmachungsleistungen [...] besäße der Staat kaum die Hälfte seiner heutigen Infrastruktur: alle Züge, alle Schiffe, alle Elektrizitätswerke sowie ein Großteil der Industrie sind deutschen Ursprungs. [...] In manchen Jahren überschritten die von Deutschland an Israel bezahlten Summen die vom internationalen Judentum gespendeten Beträge - mitunter um das Zwei- bis Dreifache.”
Billige Entschädigung?
Wie gesagt, sagen die Juden nicht ‘Wiedergutmachung‘, sondern ‘Schilumim‘, was auf Deutsch einfach ‘Bezahlungen‘ bedeutet. Schäden durch Terror, Verfolgung, Mord, Freiheitsentzug und Beraubung können mit menschlichen Mitteln nicht ‘wieder gut gemacht‘ werden. Mit dem Begriff ‘Wiedergutmachung‘ sind natürlich die materiellen Leistungen an die Opfer gemeint. In dem Buch „Die biologische Lösung“ behauptet Raoul Teitelbaum, eine Million Holocaustüberlebende in aller Welt seien gestorben, ohne überhaupt entschädigt worden zu sein. Nur eine halbe Million Holocaust-Überlebende hätten Renten und Zahlungen erhalten, und einige lächerliche Summen wie zum Beispiel drei Dollar für jeden Tag in Auschwitz. Das besagt auch der Titel des Buches: Wenn der letzte Überlebende stirbt, braucht niemand mehr, etwas zu bezahlen. Eine biologische Lösung. Teitelbaum, der selbst ein Holocaustüberlebender ist, sagt:
„In der letzten Zeit entstand in den Medien der Eindruck, der Staat Israel habe die Überlebenden im Stich gelassen, während die deutsche Regierung ihnen großzügige Summen zahlt, aber die Realität sieht anders aus. Die Deutschen sind billig aus dem Holocaust davongekommen. Die Entschädigungszahlungen an die Juden waren ihre Eintrittskarte in die Völkerfamilie, und diese Karte war sehr billig.“
Raul Teitelbaum hat einmal ausgerechnet, was die Entschädigung jeden Bundesbürger gekostet haben mag:
"Im Laufe von mehr als 50 Jahren entfielen auf jeden Deutschen alles in allem umgerechnet 984 US-Dollar. Das sind 19 Dollar pro Jahr und 1,60 Dollar pro Monat, weniger als ein Glas Bier. Man kann also schlecht behaupten, dass der Preis, den die Deutschen aus eigener Tasche entrichten mussten, ein finanzielles Opfer darstellte, zumal Deutschland für dieses Taschengeld die, moralische Eintrittskarte' für die Völkergemeinschaft erhielt."
Fünf Jahre lang hat er das Thema der persönlichen Zahlungen an Holocaustüberlebende erforscht. Das Gesetz für Entschädigungszahlungen an Holocaustopfer wurde acht Jahre nach dem Krieg verabschiedet. Teitelbaum sagt, dass dieses Gesetz das erste Glied einer Kette von Ungerechtigkeiten war, die dazu führte, dass eine Million Überlebende niemals entschädigt wurden.
Unbekannte Überlebende
Aber nicht alle Holocaust-Überlebenden wollen Geld oder eine ‘Shilumim‘. Das entdecken wir in einem Café, einem Treffpunkt für Holocaust-Opfer, in Frankfurt. Ein alter Überlebender, ein kleiner, kräftiger Mann, mag kaum darüber reden, dass er nicht amtlich angemeldet ist, dass er von seinem Ersparten lebt, aber keine Krankenversicherung hat. Die Leute kennen nur seine Postfachadresse. Auf einer Liste will er niemals mehr stehen. Die Gäste des Cafés wollen kein Geld von Deutschland.„Emily, warte mal! Was ist mit dem Ghettorenten-Antrag?“, ruft eine Sozialarbeiterin der Dame mit dem Glockenhut nach. Langsam schreitet Emily P. strengen Blicks übers Parkett, das Haupt erhoben, eine Prozession. Niemand soll merken, dass ihre Augen nur noch graue Schemen sind. „Danke, kein
Bedarf“, bescheidet die 92-Jährige. Mit den illegalen Papieren von damals lebt sie noch heute. Anspruch auf Entschädigung hat sie nie gestellt.
Wiedergutmachung in Gegenwart
Auch heute bezahlt die Bundesregierung noch Geld an die Holocaust-Überlebenden. In dem ‘Spiegel Online‘ vom 29. Mai 2013
steht Folgendes:
„Die Bundesregierung gibt mehr Geld für die Pflege von Holocaust-Überlebenden.
In Verhandlungen mit der Jewish Claims Conference hat sich Berlin bis 2017 zur Zahlung von fast 800 Millionen Euro verpflichtet. Die Hilfsgelder sollen knapp 60.000 Menschen zugutekommen.’’ Die Wiedergutmachung ist in dieser Zeit noch sehr aktuell. Das Finanzministerium hat sich verpflichtet für die Jahre 2014 bis 2017 insgesamt 772 Millionen Euro für die häusliche Pflege von Schoah-Überlebenden zur Verfügung zu stellen. Stuart Eizenstat,
Chefunterhändler der Jewish Claims Conference, sagte:
„Wir sehen Deutschlands anhaltendes Bekenntnis, seine historische Verpflichtung gegenüber den Nazi-Opfern zu erfüllen. Das stellt sicher, dass die Holocaust-Überlebenden ihre letzten Lebensjahre in Würde verbringen können. Angesichts der deutschen Sparpolitik sei die Haltung der Bundesregierung besonders bemerkenswert.“
Ab 1. Januar 2014 sollen auch die Anspruchsvoraussetzungen für Entschädigungszahlungen geändert werden. Dann sollen auch Juden Rentenzahlungen erhalten, die während der Nazi-Herrschaft in sogenannten offenen Ghettos in Osteuropa leben mussten. Diese Ghettos waren nicht von Zäunen oder Mauern umgeben. Dennoch herrschte dort eine Ausgangssperre, die Bewohner mussten einen gelben Davidstern tragen, wurden streng bewacht und drangsaliert. Zwischen zwei- und dreitausend Holocaust-Überlebende sollen von dieser Ausweitung profitieren. Auf den deutschen Staat kommen dadurch Mehrkosten von sieben bis elf Millionen Euro zu.
Jüdischer Besitz nach dem Krieg
Was wurde mit dem jüdischen Besitz getan nach dem Krieg?
"Politisch gesehen, minderten die Enteignungsakte die Lasten des Krieges für jeden von ihnen (den Deutschen). Das hob die Stimmung in Deutschland und stärkte das Massenvertrauen in die Staatsführung. Das jüdische Eigentum in Europa wurde zugunsten fast aller Deutschen sozialisiert."
Arisierung
Der Raub von jüdischem Eigentum und Besitz im Deutschen Reich von 1933 bis 1945 nannten die Nationalsozialisten die Arisierung. Die Anzahl der Kunstwerke wird auf 600.000 geschätzt: 200.000 innerhalb von Deutschland und Österreich, 100.000 in Westeuropa und 300.000 in Osteuropa. In Berlin gab es in den 30er Jahren rund 50.000 jüdische Betriebe; das war gut die Hälfte aller jüdischen Unternehmen in Deutschland. Im Herbst 1939 waren von den 100.000 jüdischen Betrieben in Deutschland nur noch 40.000 in den Händen ihrer rechtmäßigen Besitzer. Frank Bajor identifiziert fünf Radikalisierungsstufen:
1. 1935-1936: Die Einschaltung der NSDAP-Gauwirtschaftsberater als Genehmigungsinstanzen für ‘Arisierungsverträge‘
2. 1936-1937: Die Verschärfung der Devisengesetzgebung und Devisenüberwachung
3. 1937-1938: Die verschärften anti-jüdischen Aktivitäten des Reichswirtschaftsministeriums, wie die Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. April 1938
4. Seit Mai 1938: Die forcierte ‘Arisierung‘ auf dem Verordnungsweg
5. Nach Novemberpogrom 1938: Der offene Übergang zur ‘Zwangsarisierung‘
Nach den Novemberpogromen und der Reichskristallnacht in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 verhängte Hermann Göring eine Kontributionszahlung von einer Milliarde Reichsmark (RM) als ‘Sühneleistung‘ für ‘die feindliche Haltung des Judentums gegenüber dem deutschen Volk’. Mit der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 12. November 1938 wurde Juden der Betrieb von Einzelhandelsverkaufsstellen und auch die selbständige Führung eines Handwerksbetriebs untersagt. Die Betriebe jüdischer Inhaber wurden damit zwangsweise neuen nichtjüdischen Eigentümern übereignet oder aufgelöst. Schmuck, Juwelen, Antiquitäten, Immobilien und Aktien mussten zu Preisen weit unter dem Marktwert verkauft werden oder wurden konfisziert. Viele Immobilien, Wohn- und Geschäftshäuser, wurden den Juden geraubt. Im Jahre 1939 wurden auch den deutschen Juden die Mietrechte entzogen. Sie sollten in sogenannten Judenhäusern leben, einer Vorform der Ghettos. Nach den Deportationen 1940 wurde das noch verbleibende jüdische Hauseigentum verstaatlicht. Die Häuser wurden unter anderem von Polizei und Wehrmacht benutzt. Für deutsche Unternehmen war die Arisierung sehr ertragreich. Sie konnten ihren Profit enorm steigern. Museen konnten sich wertvolle Gegenstände aneignen. Ein Beispiel ist das Kaufhaus Hertie, das größte Kaufhaus Berlins. Das war wichtig in den späteren Aufbaujahren der Bundesrepublik Deutschland. Aber das ‘deutsche Wirtschaftswunder‘ beruhte zum Teil auf geraubten Werten.
Das Melmer-Gold
Bruno Melmer, ein SS-Hauptsturmführer begleitete die Lastwagen mit den plombierten Kisten auf der Fahrt vom Wirtschafts-Verwaltungshauptamt der SS zur Reichsbank in Berlin-Mitte. Sie enthielten Gold, Schmuck, Devisen und Zahngold. Die wurden durch die SS von ihren jüdischen Opfern in Auschwitz und anderen Vernichtungslagern in Osteuropa abgenommen. Vom Hauptsturmführer, der die Fracht zur Reichsbank brachte, bekam der Schatz, an dem das Blut der erschlagenen, erschossenen und vergasten Juden klebte, seinen Namen: das Melmer-Gold. Einiges wurde verkauft, manches wurde eingeschmolzen und ist von der Reichsbank verschoben worden. Vermutlich die Hälfte fiel den Amerikanern 1945 im thüringischen Merkers in die Hände. Der Gesamtwert des Melmer-Goldes ist unbekannt. Melmer schätzte den Gesamtwert des Goldes auf mindestens 60 Millionen Reichsmark. Albert Thoms, der in der Reichsbank die Lieferungen entgegennahm, schätzte es auf 24 Millionen Reichsmark. Den Großteil des Goldes nahmen die Nazis ihren Opfern vor der Ermordung ab. Das Zahngold wurde aus den Mündern der Toten herausgebrochen und gewaschen. Alles wurde den Juden abgenommen. Aber nicht nur die Nazis haben von dem geraubten jüdischen Besitz profitiert. Es war Teil der Nazi-Strategie: Viele Bürger sollten an der Politik der Plünderung und Expansion teilnehmen und zu materiellen Nutznießern des Holocaust werden. In Hamburg gab es fast täglich Versteigerungen jüdischen Besitzes. Dabei wurden Werte von Hunderten von Millionen Reichsmark umgesetzt und verteilt. Der Erlös der Beutestelle betrug bis 1945 schätzungsweise 280 Millionen Reichsmark. Wie viel davon aus dem Besitz von ermordeten Juden stammte, ist unbekannt.
Rückerstattung
Die Rückerstattung von geraubtem Eigentum oder von den Nazis ‘arisiertem‘ Vermögen war ein mühseligen Prozess. Jüdische Organisationen schätzten 1952 den Schaden auf ungefähr 14 Mrd. Dollar. Andere Schätzungen sagen, dass jüdisches Vermögen im Wert von 103 Mrd. DM konfisziert und vernichtet wurde. Durch die Untersuchung hat sich herausgestellt, dass die ca. 550.000 Juden im Deutschen Reich 1933 über ein Vermögen von 160 Mrd. DM oder rund 80 Mrd. Euro verfügten. Die Rückerstattung ging mit viel Widerstandswillen und einer hohen Konfliktträchtigkeit vonstatten. Felix Braun hatte zum Beispiel in Hamburg die Kolonial-Importfirma Braun & Sohn geführt und kam nicht nach Hamburg zurück. Braun war 1938 von Gauwirtschaftsberater Otte und Gau-Anwalt Dr. Arthur Kramm gezwungen worden, seine Firma an Ottes Freund Henry Quast zu ‘verkaufen‘. Braun hatte weder bei der Frage, an wen die Firma zu verkaufen war, noch bei der Festsetzung des Kaufpreises ein Mitspracherecht. Von Kalifornien aus betrieb er dann nach 1945 zusammen mit seinem Anwalt in Hamburg das Rückerstattungsverfahren. Der Parteigünstling Quast besaß wenig unternehmerisches Talent, denn die einmal florierende Firma stand kurz vor dem Ruin. Quasts Anwalt sagte, dass der Vertrag mit Herrn Braun persönlich abgeschlossen wurde und dass die ganzen Verhandlungen seinerzeit in durchaus freundschaftlichem Geiste verliefen.
Er sagt: „Dass mein Mandant das Geschäft von Herrn Braun seinerzeit durchaus ordnungsmäßig bezahlt hat, ergibt sich allein daraus, dass Herr Braun meinem Mandanten von sich aus noch einen weiteren Firmenmantel unentgeltlich zur Verfügung stellen wollte. [...] Herr Braun hat von St. Franzisko (sic) aus große Geschäfte gemacht, die er nicht hätte machen können, wenn er in Hamburg geblieben wäre.“
Brauns Anwalt hingegen wies den Versuch der Gegenseite, den Eindruck eines normalen Rechtsgeschäftes zu erwecken, obwohl dieses im Jahr 1938 stattgefunden hatte, als ‘grotesk‘ zurück und ersparte sich jeglichen Widerlegungsversuch. Die Richter ordneten dann auch eine Rückübertragung der Firma auf Braun an. Aber dieser Beschluss half ihm wenig, weil die Firma fast nichts mehr wert war. Und Braun wollte auch nicht den Ruin der Firma. Er wollte den ‘Ariseur‘ für seine Fahrlässigkeiten zur Verantwortung ziehen und verlangte eine Rückerstattung des Firmenwertes. Sofern jedoch der ‘Ariseur‘ Quast nachweisen konnte, dass er den Ruin der Firma nicht selbst verschuldet hatte, musste er für die Wertminderung nicht aufkommen. Zu diesem Zwecke legte Quast entsprechende Bilanzen vor. Das Gericht ordnete daraufhin entsprechende Gutachten über den derzeitigen Wert der Firma und den goodwill an. Ein sehr kompliziertes Verfahren begann. Schließlich ließ Braun sich daher unter dem Eindruck des Richterspruchs auf einen Vergleich ein. Nach Anmeldung seines Anspruches im Jahr 1947 bis zur Klärung aller Ansprüche, auch nach der Rückerstattung eines fast wertlosen Unternehmens, waren sieben Jahre vergangen. Braun führte dieses lange Verfahren aus dem Ausland. Aufgrund der räumlichen Distanz war das für ihn sicherlich mit erheblichen Frustrationen verbunden. In Hamburg hatte die zweite Entscheidungsinstanz, die Wiedergutmachungskammer, in immerhin einem Drittel der bis 1952 verhandelten Firmenfälle entschieden. Darüber, wie über die restlichen zwei Drittel der Fälle entschieden wurde, gibt es leider keine Angaben.
Dieses Fallbeispiel vermittelt einen Eindruck, mit welcher Abwehrhaltung die Verfolgten nach 1945 konfrontiert waren. Für die Ausprägung und Dauer der Konflikte waren unterschiedliche Faktoren wie die Größe des Unternehmens und der Rückkehrwille der ehemaligen Firmeninhabers verantwortlich. Nicht nur Unternehmen, sondern auch viele Grundstücke und Häuser waren zu günstigen Preisen ‘verkauft‘ worden. Von den Juden, die nach 1945 ihr Eigentum zurückverlangten, hatten einige inmitten Deutschlands den Holocaust überlebt. Einige waren durch ihre Verbindung mit nicht-jüdischen Ehepartnern der Massenvernichtung entgangen oder lebten in der ‘Illegalität‘. Direkt nach dem Krieg sperrte der Alliierte Kontrollrat durch das Militärregierungsgesetz Nr. 52 Eigentum und Vermögen des Staates. Das Ziel war: ‘Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen.‘ Die Maßnahmen waren in den Besatzungszonen unterschiedlich. Zum Beispiel erweiterte in der britischen Zone die Verfügung Nr. 10 das Gesetz Nr. 52. Es verpflichtete die neuen Eigentümer „arisiertes“ Vermögen den Behörden anzuzeigen und versetzte die Verfolgten in die Lage, erstmals Ansprüche auf Wiedererstattung anmelden zu können. Ziel war, den Verfolgten beim Aufbau einer neuen Existenz zu helfen und mit geklärten Eigentumsverhältnissen ein funktionierendes Wirtschaftsleben in der Bundesrepublik in Gang zu bringen.
Raubkunst
“Nach und nach veröffentlicht die Staatsanwaltschaft Augsburg weitere Werke aus der Sammlung von Cornelius Gurlitt im Netz. Mittlerweile sind 219 Bilder online, die im Verdacht stehen, NS-Raubkunst zu sein - darunter Zeichnungen, Aquarelle und Grafiken von Künstlern wie Cézanne, Picasso und Dürer.”
Dies ist ein Zitat aus der ‘Süddeutsche.de‘ vom 28. November 2013. Die Rückgabe von Raubkunst ist noch sehr aktuell. Den noch lebenden Mitgliedern jüdischer Familien, deren Kunstsammlungen von den Nazis in Deutschland geplündert worden waren, läuft die Zeit davon. Viele sind die juristische Hetzerei mehr als satt und viele haben als rechtmäßige Erben aufgegeben. Hitler befahl zwischen 1933 und 1945 die systematische Plünderung von Kunst. Ziel war der Aufbau seines ‘Führermuseums‘ in seiner österreichischen Heimatstadt Linz mit den Beständen der geraubten nationalen Kunstschätze der besetzten Länder. Nach der Kapitulation 1945 fand die amerikanische US-Armee geraubte Kunst in Salzminen und Kellern. Die Werke wurden den Besitzern zurückgegeben. Aber von den 600.000 Werken, welche die Nazis zwischen 1933 und 1945 den Besitzern gestohlen oder in Museen enteignet hatten, gelten heute rund 100.000 immer noch als vermisst. Heute stoßen Versuche um Rückgabe bei Museen auf immer stärkeren Widerstand. Sie sagen, dass zu viel Zeit vergangen sei und große Kunst sowieso für die Öffentlichkeit zugänglich sein sollte. Die Schweiz spielte eine wichtige Rolle in dem Handel von Raubkunst. Er war ein Transitland für viele Werke. In der Schweiz gibt es heutzutage rund tausend Museen. Mit einem Museum pro 7500 Einwohner hat sie eines der dichtesten Netze weltweit. Seit 1950 hat sich die Zahl mehr als verdreifacht. Von allen Werken, welche die Schweizer Museen zwischen 1933 und 1945 erworben hatten, konnte bei nur knapp einem Viertel die Herkunft geklärt werden. Auch die Schweiz hat 1998 die Richtlinien der Washingtoner Konferenz in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nazis konfisziert wurden, verabschiedet. 44 Staaten, 12 nicht-staatliche Organisationen (jüdische Opferverbände) und der Vatikan nahmen teil an dieser Übereinkunft. Die Washingtoner Erklärung ist eine rechtlich nicht bindende Übereinkunft, um die während des Zweiten Weltkrieges beschlagnahmten Kunstwerke zu identifizieren, deren Vorkriegseigentümer oder Erben ausfindig zu machen und eine ‘gerechte und faire Lösung‘ zu finden. Aber das war und ist leichter gesagt als getan.
Antisemitismus in Deutschland
Wie war der Antisemitismus in Deutschland von 1945 bis zur Gegenwart?
Was ist ‘Antisemitismus‘?
Antisemitismus ist eine antimoderne Weltanschauung, die in der Existenz der Juden die Ursache aller Probleme sieht.
Eine neuere quantitative Sozialforschung zeigt, dass es in Deutschland 15% bis 20% harter Antisemiten gibt. Oder anders gesagt: 12 Millionen Deutsche sind manifeste Antisemiten. Auf einen in Deutschland lebenden Juden kommen 300 Antisemiten.
Verwüstete jüdische Friedhöfe, Brandanschläge auf Synagogen, diffamierende Inhalte auf Homepages von rechtsextremen Kreisen und nicht zuletzt körperliche Angriffe auf Juden sind aktuelle Formen des Antisemitismus in Deutschland.
Der Begriff ‘Antisemitismus‘ wurde von dem Journalisten Wilhelm Marr zum ersten Mal 1879 in seinen „Antisemitischen Heften“ geprägt, um die antijüdischen Ausschreitungen zu bezeichnen, die sich in Mitteleuropa ereigneten. Heute wird der Begriff oft als Synonym für ‘Judenfeindlichkeit‘ verstanden. Man kann verschiedene Formen in der Geschichte der Judenfeindschaft unterscheiden:
1. Religiöse Judenfeindschaft: die religiöse Feindschaft des Christentums gegenüber dem Judentum (Antijudaismus). Bis ins 18. Jahrhunderts kann man eigentlich nur von religiös motiviertem ‘Antijudaismus‘ sprechen. Von ‘Rassenhass‘ ist erst später die Rede.
Ökonomisch begründete Judenfeindschaft:
Juden wurden als Wucherer, Betrüger, später als ausbeuterische Kapitalisten und Spekulanten gebrandmarkt. Damit eng verbunden ist die Vorstellung, die Juden bildeten eine mächtige verschworene Gruppe, die mit ihrem Geld weltweit das Geschehen bestimmt.
Rassistisch motivierte Judenfeindschaft: Ein neuer Gedanke übertrug die Theorie vom ‘Überleben der Tauglichsten‘ (‘survival of the fittest‘) auf die menschliche Gesellschaft. Seit den 1880er Jahren wird die ‘Judenfrage‘ eine ‘Rassenfrage‘. Die ‘Arier‘ gegenüber der minderwertigen ‘Mischlingsrasse‘ der Juden.Der tobende und gewalttätige Antisemitismus von Nazideutschland unter der Führung Adolf Hitlers 1933 bis 1945 wirkte nicht nur in Deutschland, sondern inspirierte auch antijüdische Bewegungen in
anderen Ländern. Antisemitismus wurde offizielle Politik, in Schulen gelehrt und von einer riesigen, hochwirksamen Propagandamaschinerie verbreitet. 1941 befahl Hitler die Vernichtung des europäischen Judentums. Sechs Millionen Juden wurden in den Todeslagern der Nazis ermordet.
Antisemitismus nach 1945
Nach der Niederlage Nazideutschlands verlor der Antisemitismus in Westeuropa und in den Vereinigten Staaten an Boden. Bereits im November 1945 fand der erste Nürnberger Prozess gegen die Kriegsverbrecher statt. Viele der Hauptschuldigen wurden
von den alliierten Gerichten zum Tode, zu lebenslänglichen oder langjährigen Haftstrafen verurteilt.Zur gleichen Zeit fand die ‘Entnazifizierung‘ statt. Betroffen davon waren alle rangniedrigere Funktionäre der NS-Organisationen (SS, SA, Gestapo, Polizei usw.) und Beamte des öffentlichen Dienstes,
die ihre Ämter bei Kriegsende verloren hatten. Die meisten Verfahren endeten mit (oft geringen) Geldstrafen: sie wurden zu einer Formsache. Selbst bei Mord konnte es zu Straffreiheit kommen: sieben Aufseher des KZ Belsec, in dem mindestens 600.000 Jüdinnen und Juden umgebracht worden waren, sind im gegen sie geführten Prozess mit der Begründung freigesprochen worden, sie hätten unter ‘Befehlsnotstand‘ gehandelt. Die Einführung des erwähnten 131er-Gesetzes im Jahr 1951 ermöglichte diesen Personen, ihre früheren Positionen wieder zu bekleiden.
1958 forderte die I.G. Metall eine Änderung der Gesetze, um Justiz, Polizei, Gesundheits- und Erziehungswesen von ehemaligen Nazis reinigen zu können, allerdings ohne Erfolg. Deutschland war zerstört, die Bevölkerung hungerte und Massen von Flüchtlingen verschärften die eigene Not. Es wundert kaum, dass mindestens in den ersten fünf Jahren nach Kriegsende eine echte Selbstbesinnung und kritische Auseinandersetzung über Nationalsozialismus und Antisemitismus nicht stattfinden konnte. Durch die Beendigung des Nazi-Regimes und das im Anschluss daran einsetzende Umdenken in der bundesdeutschen und demokratisch deutschen Bevölkerung sollte der Antisemitismus gebannt worden sein. Doch er existierte auch nach dieser Zäsur weiter. Der Versuch mancher Deutschen, das Entsetzen oder die Scham über die Vernichtung der europäischen Juden zu bewältigen, indem man den Opfern hinter vorgehaltener Hand implizit eine Mitschuld an Verfolgung und Vernichtung anlastete, zeigte bereits früh Auswirkungen. Auch die Form, in der ‘Entnazifizierung‘ gehandhabt wurde, und das tief verletzte Selbstwertgefühl bildeten gemeinsam einen Nährboden für neuen Antisemitismus.
‘Denn: hätte es die Juden nicht gegeben, wären die Deutschen nicht gezwungen gewesen, die Endlösung der Judenfrage in Angriff zu nehmen, oder, kurz und knapp: ohne Juden kein Holocaust.‘
Eine Umfrage des Allensbacher Instituts für Meinungsforschung ergab folgendes Ergebnis: 1952 fanden noch 37% der Deutschen es ‘besser für Deutschland, keine Juden im Land zu haben‘. Nur 19% waren anderer Meinung, der Rest unentschieden.
Ein Artikel in der Spiegel Online von 2012 sagt:
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15 bis 20 Prozent der Deutschen haben latent antisemitische Haltungen.
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8 bis 10 Prozent der Deutschen äußern sich in Umfragen offen antisemitisch, halten Juden etwa für andere, schlechtere Menschen.
Nach dem Holocaust entwickelt ‘der Antisemit‘ neue Gesichtspunkte seiner Abneigung gegen Juden. Die Möglichkeiten, mit dem Holocaust umzugehen, sind entweder Schuldumkehr, also die Juden selbst in eine Täterrolle zu drängen, um das Geschehene zu rechtfertigen, oder aber die schlichte Leugnung des Holocaust.
Die Leugnung ist die einfachste Form, um ihren Hass noch immer aufrechtzuerhalten und ihn zu rechtfertigen. ‘Leugnung‘ nennt man auch ‘Geschichtsrevisionismus‘. Scheinbare Fakten wurden angeführt, um das Geschehene im Nachhinein als ungeschehen dastehen zu lassen, um selbst die Hände in Unschuld waschen und mit der Schuld leben zu können.
Eine andere Methode ist die Täter-Opfer-Umkehr. Die soll das Handeln der Nazis rückwirkend unterstützen. Scheinbare Gewalttaten von jüdischer Seite, über alle Jahrhunderte hinweg, werden mit den Nazi-Verbrechen aufgewogen.
Ein Artikel in ‘Die Zeit Online‘ zeigt, dass der Antisemitismus noch sehr aktuell ist. In den Jahren zwischen 2008 und 2012 gab es mindestens 82 Anschläge auf Synagogen. In Nordrhein-Westfalen wurden die meisten Anschläge registriert, nämlich 24. In den meisten Fällen handelt es sich um Sachbeschädigung (mindestens 30) und um das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. In 17 Fällen ging es um den Vorwurf der Volksverhetzung.
Sekundärer Antisemitismus
Nach 1945 ist noch eine neue Form des Antisemitismus entstanden: Sekundärer Antisemitismus. Der wird als Erinnerungs- und Verantwortungsabwehr bezeichnet. Die Sicht, die sich darin äußert, ist folgende: Nicht trotz, sondern gerade wegen des Holocaust nehmen Menschen (in Deutschland) eine antisemitische Haltung ein. Diese Einstellung begründet sich auf Ausgleichs- und Entschädigungszahlungen an Juden und an Israel. Dadurch erwächst ein Gefühl der Scham und Schuld. Der sekundäre Antisemitismus äußert sich praktisch gar nicht manifest, besitzt aber eine erhebliche Latenz. Es ist ein Ausdruck der Ambivalenz, sich einerseits schuldig zu fühlen und andererseits die Schuld zu verlagern, von sich weisen zu wollen. Laut einer Studie der Ebert-Stiftung von 2012 ist der ‘Sekundäre Antisemitismus‘ bei knapp 24 Prozent der Deutschen verbreitet.
Antizionismus
Die Abneigung gegen Juden auf ‘deren Land‘ nennt man ‘Antizionismus‘. Kritik am politischen Handeln Israels, an militärischen Einsätzen, wird ausgeweitet auf das komplette Judentum. In der Bundesrepublik ist er vor allem in linksextremen politischen und islamistischen Strömungen verwurzelt. Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern ist dabei häufig Ausgangspunkt antizionistischer Argumentationen. 2004 sagten 68,4% der in Deutschland Befragten der Aussage zu, dass Israel einen ‘Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser‘ führe.
Neonazismus
Viele Nazis sammelten sich nach dem Krieg erneut in einer Partei: der Sozialistischen Reichspartei. 1952 wurde diese allerdings, als erste Partei in der BRD, verboten. Die Anhänger fanden sich dann vor allem in der Deutschen Reichspartei, aber auch in rechtsextremen Jugendgruppen. Die rechtsradikalen Kräfte waren überaus aktiv im publizistischen Bereich. Nicht nur zahllose Bücher, Pamphlete und Flugschriften erschienen, auch eine ganze Serie von Zeitschriften und Zeitungen. Die ‘Deutsche National-Zeitung‘ war eine Zeitung, die allein eine wöchentliche Auflage von 100.000 Exemplaren erreichte. Die Themen waren die Rehabilitierung Hitlers, die Leugnung oder Verharmlosung der Vernichtung der Juden, antisemitische, fremdenfeindliche und antidemokratische Propaganda, Ablehnung der Teilung Deutschlands und Aufruf zum Kampf für die Wiedereinführung des Faschismus in einem ‘geeinten Reich‘. Die Mitgliederzahlen der neonazistischen Organisationen sanken nach Ende der 60er Jahre kontinuierlich ab.
Neue Organisierung
Wie haben die deutschen Juden sich in Deutschland nach 1945 wieder organisiert?
Juden nach 1945
In der Bundesrepublik Deutschland leben derzeit schätzungsweise 200.000 Juden. Rund 105.000 von ihnen sind in den insgesamt 108 jüdischen Gemeinden organisiert, die ein weit gefächertes religiöses Spektrum aufweisen und vom Zentralrat der Juden in Deutschland vertreten werden. Mit dem Ende des Ost-West-Konflikts wurde die Bundesrepublik Deutschland zur Zufluchtsstätte für jüdische Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion. Seit 1989 sind 220.000 Menschen als sogenannte jüdische Kontingentflüchtlinge nach Deutschland gekommen.
Neugründung und Organisation jüdischer Gemeinden
Viele Juden wollten nach dem Krieg den ‘blutgetränkten Boden‘ so schnell wie möglich verlassen. Andere sagten, dass es in Deutschland weiterhin jüdisches Leben geben müsse, um zu verhindern, dass Hitlers Plan der ‘Endlösung‘ noch von Erfolg gekrönt sei. Die Juden, die aus dem Untergrund aufgetaucht oder aus dem Konzentrationslager zurückgekehrt waren, besaßen nichts mehr. Vermögen und Wohnungen waren konfisziert, Verwandte und Freunde verschleppt oder tot. Die jüdischen Institutionen, Gemeindehäuser und Synagogen waren es gerade, welche die Aufgetauchten und Rückkehrer zuerst wieder aufsuchten. Die Neukonstituierung jüdischer Gemeinden dauerte oft nur wenige Tage oder Wochen. 1945 wurden 51 jüdische Gemeinden in den 4 Besatzungszonen wieder gegründet. Insgesamt gehörten 1952 in Deutschland etwa 18 000 Juden gut 70 Gemeinden an. Zum Beispiel Köln: Am 6. März 1945 marschierten die amerikanischen Truppen ein, am 11. April erhielten die Juden von den Besatzern die Erlaubnis, Gottesdienste abzuhalten, und am 29. April fand die Gründungsversammlung der jüdischen Gemeinde im Luftschutzkeller der zerstörten liberalen Synagoge Roonstraße mit Vorstandswahlen statt. Nach dem Krieg waren noch wenige ausgebildete Rabbiner und Religionslehrer übrig. Das äußerte sich in den Schwierigkeiten, Gottesdienste und Bestattungen den jüdischen Gesetzen entsprechend auszuführen. Auch gab es bei den Diskussionen, die innerhalb vieler Gemeinden bald entbrannten, die Frage, wer denn eigentlich jüdisch bzw. wer berechtigt sei, Gemeindemitglied zu werden. Die eigentliche Gründungsphase endete 1946. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde auch immer der provisorische Charakter der Gemeinden beteuert.
Nach der israelischen Staatsgründung 1948 wurde offenkundig, dass es nach wie vor Jüdinnen und Juden gab, die trotz allem in Deutschland bleiben wollten. Sie hofften auf eine erfolgreiche Demokratisierung Deutschlands. Immer stärker wurde hier die Haltung, nicht alle Deutschen für nationalsozialistische Verbrechen verantwortlich machen zu wollen. Am 19. Juli 1950 wurde von Vertretern der jüdischen Gemeinden der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. Der Zentralrat wurde aktiv bei der Bekämpfung des Antisemitismus, bei der Unterstützung Israels und einer allgemeinen politischen Interessenvertretung der Juden in Deutschland. Er war auch wichtig für den Wiederaufbau eines organisierten jüdischen Gemeindelebens.
Organisation in DP-Lagern
Es gab verschiedene Gruppen innerhalb der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland nach 1945. Zum Beispiel die osteuropäischen Juden. Die befanden sich nach Kriegsende als DP’s auf deutschem Boden und verstanden ihre Anwesenheit als Übergangssituation. Dann gab es deutsche Juden, die die Lager überlebten, oder auf andere Weise den Krieg überlebt hatten. Eine dritte Gruppe waren die verschiedenen Immigranten, die seit den 1950er Jahren die Bundesrepublik Deutschland als neue Heimat wählten. Sie kamen aus Ungarn und der Tschechoslowakei, Israel und dem Iran, und seit 1990 vor allem aus der ehemaligen Sowjetunion. Die Zahl der jüdischen Displaced Persons, die in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands lebten, erreichte Anfang 1946 etwa 70.000 und stieg gegen Ende desselben Jahres, nach der großen Flucht aus Polen, auf etwa 180.000. Zusätzlich lebten etwa 50.000 jüdische Displaced Persons in DP-Lagern in Österreich und Italien. Alle DP-Lager wurden bis 1950 geschlossen, bis auf ein letztes, Föhrenwald, das bis 1956 in Betrieb blieb. In DP-Lagern entstand eine autonome jüdische Verwaltung. Verschiedene jüdische Parteien waren aktiv: säkulare und religiöse, zionistische und sozialistische. Es wurden Sportveranstaltungen durchgeführt und es erschien ein breites Spektrum an Zeitungen und Zeitschriften in jiddisch.
cher Sprache. Nach und nach wurden aus den DP-Lagern kleine Dörfer, eine Art Weiterführung der alten jüdischen Welt. In den DP-Lagern gab es auch sehr viele Eheschließungen. Mit der Zahl der Eheschließungen stieg auch die Geburtenrate. 1947 lag die Geburtenrate der jüdischen DPs als die höchste der Welt bei 50,2 pro tausend, was im Vergleich zu der deutschen Rate von 7,6 pro tausend als besonders aufsehenerregend erschien. Föhrenwald in der amerikanischen Zone wurde im Februar 1957 als letztes Lager geschlossen. Diese Siedlung war 1938 für die Rüstungsarbeiter von zwei nahe gelegenen Munitionsfabriken gebaut worden. Nach 1945 wurden hier Displaced Persons untergebracht. Beno Salamander, 1944 in Turkmenistan geboren, wanderte mit seiner Familie nach dem Krieg von Osteuropa nach Bayern, da sie in ihrer Heimat Polen nicht mehr willkommen waren. Sechs Jahre war Beno alt, als er nach Föhrenwald kam. Er war zwölf Jahre, als er das Lager verließ. Beno Salamander hat diese Jahre, an welche er sich noch gut erinnern kann, in das Büchlein ‘Kinderjahre im Displaced-Persons-Lager Föhrenwald‘ geschildert. Heute heißt das ehemaligen Föhrenwald Waldram.
Wegmarken jüdischen Lebens in Deutschland
Am 7. Dezember 1970 kniete Bundeskanzler Willy Brandt in Warschau vor dem Mahnmal für die Opfer des Aufstandes im Warschauer Ghetto. Die Geste bewegte die Welt. Willie Brandt selbst sagte darüber:
”Am Abgrund der deutschen Geschichte und unter der Last der Millionen Ermordeten tat ich, was Menschen tun, wenn die Sprache versagt.“
1978 wurde in Heidelberg die Hochschule für Jüdische Studien eingerichtet. Sie wird vom Zentralrat der Juden in Deutschland getragen und durch Bund und Länder finanziert. 1979 sah man neue Interessen in den Geschichtswerkstätten. Die Ursache war die Ausstrahlung der Fernsehserie ‘Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiß‘.
Diese Geschichtswerkstätten fragten nicht mehr nur nach allgemeinen sozialen und ökonomischen Strukturen als Ursachen für das Entstehen der NS-Diktatur, sondern versuchten, die Judenverfolgung in Einzelorten und -regionen im Detail aufzuhellen.
Zum 40. Jahrestag des Kriegsendes 1985 sprach Bundespräsident Richard von Weizäcker von der Befreiung vom Nationalsozialismus und nicht von der Niederlage Deutschlands. Er zitierte auch die jüdische Weisheit des Baal Schem Tow, nämlich:
„(Das Vergessen führt in die Verbannung -) das Geheimnis der Erlösung liegt in der Erinnerung!“
Oktober 1985 war Richard von Weizsäcker, der erste amtierende Bundespräsident, in Israel.
Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion
1989 war das Jahr der deutschen Einheit. Es war das Jahr des Mauerfalls und der politischen Wende in Europa. Nicht einmal ein Jahr nach der Maueröffnung im November war Deutschlands staatliche Einheit wiederhergestellt.
Es bedeutete auch für die jüdische Gemeinschaft in Deutschand eine Zäsur. Viele jüdische Sowjetbürger hatten Angst vor erstarkenden Manifestationen des Antisemitismus und für viele wurde Deutschland ein Zufluchtsort. 1991 beschlossen Bund und Länder eine offizielle Zuwanderungsregelung für Juden aus der ehemaligen Sowjetunion. Sie fanden in der Bundesrepublik Aufnahme als so genannte Kontigentflüchtlinge. In den beiden Jahrzehnten kamen insgesamt 220.000 Menschen im Rahmen der ‘jüdischen Zuwanderung‘ nach Deutschland. In jüdischen Gemeinden wird darum heute auch viel russisch gesprochen. In vielen Städten, vor allem in den neuen Bundesländern, wurden Gemeinden neu gegründet und neue Synagogen gebaut. Zwei Rabbinerausbildungsstätten haben ihre Pforten eröffnet: das liberale Abraham-Geiger-Kolleg und das orthodoxe Hildesheimersche Rabbinerseminar. Inzwischen sind mehrere in Deutschland ausgebildete Rabbiner ordiniert worden. Andere kamen aus dem Ausland, um die jüdischen Gemeinden zu betreuen. Gegenüber 1989 hat sich die Zahl der Gemeinderabbiner verdreifacht.
Heute zählen die jüdischen Gemeinden 120.000 Mitglieder. Mit rund 11.000 Mitgliedern ist die Berliner Gemeinde die größte Deutschlands, gefolgt von München mit 9.000 Mitgliedern, sowie Düsseldorf und Frankfurt am Main mit einer Mitgliederzahl von jeweils mehr als 7.000. In München, um ein Beispiel zu nennen, hat sich die Zahl der Mitglieder gegenüber 1989 verdoppelt, in Düsseldorf ungefähr vervierfacht.
Interview mit einem Forscher aus Kleve
Am 6. Januar 2014 hatte ich in Kleve, Nordrhein-Westfalen, ein Interview mit Herrn Wolfgang Krebs. Er war Technischer Beigeordneter in Kleve und trat 1991 in den Ruhestand. Er erforschte das jüdische Leben in Kleve gründlich und hat verschiedene Bücher geschrieben.
Wie war das jüdische Leben in Kleve vor dem Krieg?
Wenn man über Statistiken spricht, ist das sehr ungenau. Wenn man über Juden spricht, kann das sehr unterschiedlich sein. Seit 1900 ist das Judentum von Säkularisierung
geprägt, viele Juden haben sich von der Religion völlig getrennt. Dann ist da die Überlegung: sind das Juden oder nicht. Sie gehörten nicht mehr zu einer religiösen Gruppe. Es gibt verschiedene Definitionen.Das Dritte Reich sagte: Ein Jude ist jemand, der jüdische Großeltern hat. 1932 gab es eine deutsche Volksbefragung. Nach dieser Befragung gab es 151 Juden in Kleve.
Aber es waren sicherlich mehr, die sich nicht zum Judentum bekannt haben. Von den Nationalsozialisten aus gesehen gab es mehr, denn es gab interreligiöse Mischehen. Kleve hat eine kleine jüdische Gemeinde, aber eine sehr bedeutende. Sie stammt aus dem 17. Jahrhundert. Zuerst war es eine jüdische Gruppe. Diese Gruppe wurde gegründet von Elias Gomperz. Juden waren in dieser Zeit sehr arm. Gomperz aber war eine Ausnahme und steinreich. Er hatte gute Beziehungen in Deutschland. Er hat in Kleve gewohnt und eine Talmud-/Thoraschule gegründet. In Kleve gab es viele jüdische Geschäfte und eine jüdische Lederfabrik. Die Toleranz zu den Juden in Kleve war sehr groß, die Leute waren sehr freundlich. Die Juden hatten eine historische und auch eine wirtschaftliche Bedeutung. Kleve hat eine interessante jüdische Geschichte. Die meisten Klever Juden waren aschkenasisch.
Was passierte in der Zeit zwischen 1933 und 1945?
1938 war es für Juden in Deutschland verboten, in die Schule zu gehen. Die Verfolgung war in Kleve schlimmer als in mancher anderen Stadt: Schon 1933-1934 mussten die Juden in Kleve die Schule verlassen. Von den 151 Juden in Kleve konnten sich zwei Drittel durch Auswanderung retten. Ein Drittel wurde in Vernichtungslagern ermordet. Die meisten jungen Leute konnten flüchten. Die meisten Älteren blieben. Erst wurden die Juden in Kleve sozial ausgesondert. Sie mussten die Schule verlassen. Dann verloren die Juden ihre Arbeit, und ihre Geschäfte wurden boykottiert. Sie wurden wirtschaftlich ruiniert. Dann wurde den Kindern die Zukunft genommen, sie konnten nicht studieren. Dann wurde Gewalt angewendet: die Kristallnacht. Die Synagoge wurde niedergebrannt. Später kam die Ermordung. Die Juden wurden im Judenhaus, im alten Finanzamt, versammelt. Dort wurden sie zwangsweise zusammengezogen und von dort aus in die Vernichtungslager deportiert.
Gab es nach dem Krieg noch Juden in Kleve?
Nach dem Krieg gab es nur einige vereinzelte Juden. Es hat nie wieder eine jüdische Gruppe gegeben. Es gab eine Frau, Hedwig Müller, die versteckt worden ist. Sie kam nach dem Krieg mit ihrem nicht-jüdischen Mann zurück. Und eine Familie Schaap, die in den Niederlanden überlebt hatte; sie kam zurück. Aber die sind bald wieder weggezogen. Die ausgewanderten Juden, die überlebt haben, haben meistens eine riesige Scheu, Deutschland zu betreten. Man kann im Allgemeinen sagen: Die Ausgewanderten sind nicht zurückgekommen.
Was passierte mit dem jüdischen Besitz nach dem Krieg?
Der jüdische Besitz wurde im Krieg arisiert. Ich habe immer versucht, Unterlagen zu bekommen. Die Masse war weg, aber da war etwas gerettet. Die Juden hatten, wenn sie kein Geld hatten, das Geschäft verpachtet. Schließlich mussten sie es verkaufen. Der Preis war entsprechend niedrig. Diese Geschäfte wurden durch Bomben zerstört. Alles war nach dem Krieg zerbombt. Nach dem Krieg waren die meisten Eigentümer ermordet. Die Verwandtschaft kam und wollte den Besitz zurück. Sie bekamen keine Entschädigung. Im Grunde hat man den Juden alles weggenommen, sie waren rechtlos. Es war alles sehr kompliziert.
Was bedeutet die Wiedergutmachung und die Rückerstattung?
Es gab nach dem Krieg eine sogenannte Wiedergutmachung. Dass die meisten Juden tot waren, das konnte man nicht wiedergutmachen. Das ist vielleicht ein sehr wichtiges Thema. Man hat es nur halbherzig abgehandelt. Man sagte: „Wir sind in der Welt verpönt, wir haben uns unmöglich gemacht.“ Und um wieder in der Weltgemeinschaft ernst genommen zu werden, mussten wir das machen. Aber so gern hat man es nicht gemacht. Deswegen hatte man statt einer individuellen Wiedergutmachung Geld an den jungen Staat Israel gegeben. Es war natürlich keine Entschädigung, es war nur symbolisch. Wiedergutmachung war in Geld, Rückerstattung in Häusern und Geschäften, wenn sie noch da waren. Die Rückerstattung hat ernste Probleme gemacht. Zum Beispiel bei einer jüdischen Familie, die das Kaufhaus in Kleve gegründet hatte. Das ist heute der Kaufhof. Sie gingen zum Gericht. Die Richter fragten um die Nachweise. Die Papiere waren im Krieg zerstört. Sie hatten auch die Grunddokumente nicht mehr. Alles war weg. So bekamen sie nichts zurück.
Wie ist der Antisemitismus in Deutschland?
Deutschland ist heute immer noch ziemlich antisemitisch. Es ist nicht vergleichbar mit dem Dritten Reich, aber im Verborgenen gibt es noch viel Antisemitismus. In Düsseldorf gibt es eine jüdische Schule mit Kindergarten. Dort gibt es eine Sicherheitsschleuse und die Kinder werden mit dem Bus gebracht. Alles wird aus Angst bewacht. Wogegen die Angst besteht, ob gegen Deutsche oder die muslimische Minderheit, weiß ich nicht genau. Die Leute, die gegen Antisemitismus sind, sind eine große Minderheit.
Dieser Massenmord ist sehr erschreckend. Was für mich sehr erschreckend war, ist dass dieses Geschehen nicht bei irgendwelchen primitiven Urvölkern geschah, sondern bei einem der reichsten, höchst entwickelten Länder der Welt. Wir können diese Warnung verstehen, dass wir nicht zu selbstsicher sein dürfen, und dass die Kultur und Religion uns nicht davor schützen, dass so etwas wieder kommen kann. Wir müssen auch aus dieser Geschichte der Juden lernen, dass unsere Demokratie und unsere Moral nicht automatisch immer weitergeht. Wir müssen uns dafür einsetzen, wir müssen dafür kämpfen, wir müssen beobachten, wir müssen Opfer bringen, damit unsere Kultur, Demokratie, unsere Toleranz erhalten bleiben. Das ist nicht automatisch so. Und das ist der Grund, warum es so wichtig ist ,sich mit dieser Frage zu beschäftigen, um die Leute zu sensibilisieren.
Interview mit einem deutschen Juden
„Der Holocaust war kein Mord auf die Juden, es war ein Raubmord.“
Michael Grünberg ist der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Osnabrück. Sein Vater kehrte als einziger nach dem Krieg zurück nach Sögel, Niedersachsen. Die Mutter seiner Frau, Erna de Vries, überlebte Auschwitz und Ravensbrück. Sie hält Vorträge, um den Menschen über den Krieg zu erzählen.
Wie war das jüdische Leben vor dem Krieg?
Das war ein sehr intensives jüdisches Leben. Die Leute waren relativ religiös. Sie haben nach den jüdischen Gesetzen gelebt, sie haben die jüdischen Feiertage gehalten und haben koscher gegessen. Sie konnten sich alle selbst versorgen. Sie waren total anerkannte Leute und haben mit der christlichen Bevölkerung zusammengelebt. In Sögel lebte eine sehr große Gruppe Juden im Vergleich zu den Einwohnern. Insgesamt 18 Familien. Der Onkel meines Vaters ist im Jahre 1922 hier in Sögel Schützenkönig gewesen. Im Dorf ist das das bekannteste Fest im ganzen Jahr und Schützenkönig werden, war etwas ganz Besonderes. Von jedem Schützenkönig wurde eine Plakette mit dem Namen gemacht. Auch von Gottfried Grünberg. 1939 gab es einen Nazi-Bürgermeister in Sögel, und die Plakette ist dann entfernt worden. 1965 haben sie das bemerkt, überlegt und eine neue Plakette wurde gemacht. Und mein Vater hat niemals das Fest gefeiert. Mein Vater war sehr beliebt im Dorf.
Was passierte im Krieg?
Im Jahre 1933 war die Machtübernahme der Nazis. 1935 gab es die Nürnberger Rassengesetze. 1937 wurde den Juden das Recht entzogen, Geschäfte zu betreiben. 1938 war die Reichspogromnacht. Ende 1937 wurden die Juden aus dem ganzen Dorf zu Zwangsarbeit herangezogen. Die Juden aus dieser Region mussten nach Rassendorf. Sie mussten morgens für die Arbeit erscheinen und abends konnten sie wieder nach Hause. Ende 1938 hatte meine Familie die Möglichkeit, nach Argentinien auszuwandern. Aber die Bedingung war, dass die Kinder zuerst gingen und die Eltern später nachreisen könnten. Sie haben das überlegt und sich entschlossen zu bleiben. Argentinien war ein fremdes Land und die Kinder mussten allein reisen. Einige sind ausgewandert. Am 13. Dezember 1941 wurden alle Juden aus der ganzen Umgebung deportiert. Sie sind alle nach Osnabrück gebracht worden, und von da sind sie nach Riga deportiert. Riga war kein Konzentrationslager, es war ein Ghetto mit Arbeitslagern. Ein Cousin meines Vaters ist mit dem letzten Kindertransport nach England gegangen und hat dort überlebt. Eine Tante von ihm hat Theresienstadt überlebt. Die Kinder dieser Tante sind 1935 nach Palästina gegangen. Die Mutter ist danach auch nach Palästina gegangen zu ihren Kindern. Sie konnte dort nicht leben, es war sehr heiß und sie war es nicht gewöhnt. Sie ist 1939 aus Palästina nach Deutschland zurückgekommen, und danach nach Theresienstadt deportiert worden. Sie hat überlebt. Ein kurze Zeit ist sie noch bei meinem Vater gewesen und ungefähr 1960/1962 gestorben.
Auch eine ganz besondere Geschichte ist die von Ella Jakobs. Das war die Schwester der Mutter meines Vaters. Tante Ella Jakobs heiratete 1932 Moses Bravka. Sie hatten sich im Krieg versteckt und wohnten in einer Kutsche in einem Loch unter der Scheune. Meine Großtante wurde dort sehr geschädigt. In der letzten Woche sind sie verraten und nach Westerbork deportiert worden. Sie sind dort geblieben bis Kriegsende.
Warum ist Ihr Vater nach Sögel zurückgegangen?
Das ist sehr einfach zu beantworten. Sie haben in der Zeit, während sie in Riga waren, verabredet, dass, wer überlebt, nach Hause zurückkehrt. Es war die Heimat gewesen, wo er geboren und aufgewachsen war. Er war der einzige Jude, der nach Sögel zurückkehrte. Ich finde es sehr schwierig zu erklären, warum er in Deutschland leben konnte. Mein Vater hat 1949 geheiratet. Das war in Dortmund, in der einzigen funktionierenden jüdischen Gemeinde zur Zeit. Der Vater meiner Frau hat alles verkauft und wollte von Deutschland auswandern. Aber er wurde krank und schließlich ist er nicht gegangen, weil es auch für ihn sehr schwierig war, Deutschland zu verlassen. Es war doch seine Heimat.
Wie war das jüdische Leben nach dem Krieg?
1969 ist die Synagoge in Osnabrück wieder eröffnet worden. Damals hatte die Gemeinde 100 Mitglieder. 1989 hatte die Gemeinde noch 67 Mitglieder. Davon sind heute schon 40 gestorben. Wenn da nichts passiert wäre, dann konnte dort jetzt eigentlich keine Gemeinde mehr sein. Aber dann passierte etwas anderes: 1989-1990 hat sich die politische Situation verändert, die Sowjetunion ist zerfallen. Es wurde möglich, dass Menschen jüdischen Glaubens aus Ländern der ehemaligen Sowjet-Republiken, das sind ja viele, nach Deutschland als Kontigentflüchlinge einreisen konnten. Es gab in der UdSSR einen sehr offenen Antisemitismus, auch politischer Art. Da gab es, wenn man studieren wollte, eine Judenquote. Die war sehr klein und die Juden mussten dann auch noch eine Prüfung machen. Auch hat man den Juden die Nationalität der verschiedenen Länder der Union im Pass nicht zuerkannt. Da stand im Pass nur ein ‘J‘, wo bei einem nicht-Juden zum Beispiel Moldawien stand. Wie die Nazis das gemacht haben, so haben die Russen das weitergemacht. Zu der Zeit hat der Vorsitzende unserer Gemeinde sich darum gekümmert, dass auch Juden nach Osnabrück kommen. Unsere Gemeinde in Osnabrück hat heute knapp 1000 Mitglieder. Und so sind die Gemeinden in ganz Deutschland wieder gewachsen. 1989 hatte der Zentralrat der Juden in Deutschland ungefähr 28.000 Mitglieder. Heute sind das 120.000. Und da sind sicher noch 100.000 die sich nicht bei einer Gemeinde angemeldet haben. So hat sich das jüdische Leben wieder richtig entwickeln können.
Was passierte mit dem Besitz? Allen 18 Familien, die in Sögel gewohnt haben, wurde der Besitz abgenommen. Damals, als mein Vater zurückkam, bekam er seinen Besitz zurück. In seinem Haus hatte eine andere Familie gewohnt. Er hat zuerst in einem Teil des Hauses gewohnt und auch eine Entschädigung bekommen. Die Claims Conference bekam Geld für den sonstigen jüdischen Besitz für die anderen jüdischen Familien aus Sögel.
Wie ist der Antisemitismus in Deutschland?
Es gibt latenten Antisemitismus in Deutschland, ungefähr 20 Prozent. Die Leute sagen einfach: „Was die Juden jetzt in Israel machen, ist genauso schlimm wie das, was die Nazis gemacht haben.“ Das ist vollkommen absurd! Menschen untersuchen nicht, was die Wahrheit ist. Heute kann man als Jude sehr gut leben. Wir leben mit allen Rechten, die ein Staatsbürger hat. Man kann sich ganz sicher fühlen.
Wie sehen Sie die Zukunft? Kann der Holocaust wieder passieren?
Ich denke, dass es wieder passieren kann. Aber es kann auch mit anderen Minderheiten passieren. Es ist unsere Aufgabe, aufmerksam zu bleiben und zu erinnern. Verantwortung haben wir alle.
Schluss
Vor der Machtergreifung Hitlers wohnten 515.000 Juden in Deutschland; 1945 befanden sich nur 15.000 Juden außerhalb der Vernichtungslager. Viele Juden konnten und wollten nicht mehr in Deutschland wohnen und zogen weg nach Israel oder Amerika. Dennoch blieb noch eine Gruppe übrig. Durch unglaublichen Mut und Beharrlichkeit wurden wieder jüdische Gemeinschaften gebildet. Juden in Deutschland hatten und haben einen starken Lebenswillen. Die Geburtenzahl in den DP-Lagern war nicht umsonst so hoch. Die deutsche Regierung hat verschiedene Abmachungen getroffen in Bezug auf die Wiedergutmachung für die Holocaust-Überlebenden. Manche Überlebende wollten dieses Geld nicht annehmen. Das kann ich gut verstehen. Es sollte keine Rückzahlung wegen Schuld, kein ‘Blutgeld‘ werden. Für die deutschen Juden war es sehr schwer, ihren ehemaligen Besitz zurück zu bekommen. Viele Häuser und Geschäfte wurden anderen Besitzern überlassen. Wegen lascher Gerichtsverfahren verloren viele den Mut. Auch war es schwierig, Kunst und andere Wertsachen, die im Krieg zerstört waren, aus Mangel an Beweisen zurückzuerhalten. Es wurde hartnäckig behauptet, dass der Besitz ‘ehrlich‘ gekauft worden war. Trotz allem haben die deutschen Juden doch ein neues Leben in Deutschland aufbauen können. Heutzutage gibt es viele jüdische Organisationen und Gemeinden. Dies geschah auch dank der vielen Juden aus der Sowjetunion, die ab 1989-1990 in großer Zahl nach Deutschland gekommen sind.
Das Ende des Holocaust war leider nicht das Ende des Antisemitismus in Deutschland. Die Juden leben heute noch mit der Angst , dass der Holocaust sich wiederholen könnte – ein guter Grund, weiterhin die jüngeren Generationen zu informieren und zu warnen.
Im Laufe der jüdischen Geschichte, angefangen in der Bibel, lesen wir, wie groß der Hass der Menschen gegenüber dem jüdischen Volk gewesen ist mit all seinen Folgen. Denken wir an Haman im Buch ‘Esther‘, dessen Ziel es war, wie bei Hitler, das jüdische Volk zu vernichten. Es ist Haman nicht gelungen, und Hitler auch nicht. Denken wir an die christlichen Kirchen im Laufe der Jahrhunderte, die die Juden der Ermordung Jesu beschuldigt haben und an die schreckliche Verfolgung der Juden, die sich dadurch ergeben hat.
Das jüdische Volk ist das auserwählte Volk. Das kann man lesen in 5 Mose 7,6-9:
“6 Denn du bist ein dem Herrn, deinem Gott, heiliges Volk; dich hat der Herr, dein Gott, aus allen Völkern, die auf Erden sind, zum Volk des Eigentums erwählt. 7 Nicht darum, weil ihr zahlreicher wäret als alle Völker, hat der Herr Lust zu euch gehabt und euch erwählt; denn ihr seid das geringste unter allen Völkern; 8 sondern weil der Herr euch liebte und weil er den Eid halten wollte, den er euren Vätern geschworen, darum hat der Herr euch mit mächtiger Hand ausgeführt und dich von dem Diensthause aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten, erlöst. 9 So sollst du nun wissen, daß der Herr, dein Gott, der wahre Gott ist, der treue Gott, welcher den Bund und die Gnade denen bewahrt, die ihn lieben und seine Gebote bewahren, auf tausend Geschlechter;“
Ist es im Grunde nicht der Hass gegen G-tt selbst, der sich im Hass gegen sein auserwähltes Volk manifestiert? In jedem Fall glaube ich, dass G-tt mit seinem Volk ist, und bewirkt, dass das jüdische Volk trotz Unterdrückung und Verfolgung wie durch ein Wunder überlebt hat und wächst.