"Israel schätzt seine Spezialisten, auch in der Musik"
Interview mit dem Opernsänger
Leonid Akselrud aus Tel-Aviv
Leonid, erzähle uns bitte, wie deine Karriere begann.
Meine Karriere begann nicht mit Operngesang. Ich bin in Kasan geboren. Schon immer liebte ich klassische Gitarre und so ging ich zunächst auf die Musikhochschule und dann ins Konservatorium. Im dritten Semester der Musikhochschule wandte ich mich zum ersten Mal an Gott. Ich wuchs in einer atheistischen, sehr unglücklichen Familie auf. Mein Vater litt an Alkoholismus, obwohl er Vollblut Jude war. Alkoholismus ist ein seltenes Phänomen unter Juden, jedoch war unsere Familie scheinbar eine Ausnahme. Seine Abhängigkeit brachte uns allen großes Leid. Aufgrund der ständigen Streite entwickelte ich einen Minderwertigkeitskomplex. In der Schule hinkte ich den anderen hinterher, hatte schlechte Noten und sehr wenige Freunde. Mein Vater erniedrigte und demütigte mich, indem er sagte, dass ich nichts tauge und im Leben nichts erreichen würde. Irgendwann fing ich an, seinen Worten zu glauben.
Das Einzige, was mich damals tröstete, war meine Liebe zur Musik. Als ich erwachsen war, hatte ich immer noch nicht gelernt, mich wie ein vollkommener Mensch zu fühlen. Daher entwickelte sich ein Magengeschwür und jeder Nervenzusammenbruch führte zu höllischen Schmerzen. In einem dieser Momente fing ich an, ernsthaft an Selbstmord zu denken. Ich war damals 18.
Eines Tages während einer meiner Krisen, lud mich mein Professor für Philosophie und Geschichte, ein ehemaliger Kommunist, der Christ geworden war, in seine Gemeinde ein.
Als ich dort ankam, tauchte ich buchstäblich in ein Meer von Liebe und Freundlichkeit.
Es war das erste Mal, dass ich so aufrichtig ehrlich von Menschen angenommen wurde.
Das Ergebnis war, dass ich nach einer Weile begann, mich aktiv am Gemeindeleben zu beteiligen und ich bekehrte mich zu Gott in meinen Sünden.
Zunächst aber wollte ich nicht an die Existenz Gottes glauben und wollte nicht mehr in die Gemeinde gehen. Lange Zeit lief ich weg vor Gott, doch am Ende kam der Moment, wo ich realisierte, dass ich nur ihm dienen wollte.
Unsere Gemeinde in Kasan „der Eckstein“ war sehr stark und freundlich. Eines Tages sagte unser Pastor, dass es die Pflicht eines jeden Gläubigen sei, für Israel und den Segen des jüdischen Volkes zu beten.
Ständige Gebetstreffen wurden Teil unseres Lebens. Wir fingen an, jüdische Lobpreislieder zu singen und dann kam ein so genanntes „jüdisches Projekt“. Wir gründeten die Band „Shma Israel“ und begannen aufzutreten. Ich wurde gebeten, diesen Dienst zu übernehmen, war aber gelehrt worden, dass Musik sündig ist. Erst jetzt erkenne ich, wie absurd das alles war. Die Zeit verging und der Herr offenbarte sich mir mehr und mehr. Es stellte sich heraus, dass man mit Musik auch dem Herrn dienen kann.
Zuerst sang ich ungefähr 7 Jahre lang im Chor und mit der Entwicklung des „jüdischen Projektes“ engagierte ich mich immer mehr und wurde am Ende der Solist.
Wir priesen den Herrn, indem wir jüdische Lieder auf Hebräisch sangen, obwohl ich damals die Sprache nicht ganz verstanden habe. Ich sang und in mir erwachte die Lust mehr zu lernen, weil ich spürte, dass meine Stimme nicht dem Zustand meiner Seele entsprach.
Mir fehlte es an Gesangstechnik und, obwohl ich im dritten Semester am Konservatorium war, begann ich, privaten Gesangsunterricht zu nehmen. Der Weg war nicht einfach und ich war mit meinem Lehrer nicht ganz zufrieden. Leider werden Sänger manchmal verdorben und in meinem Fall war das auch so. Meine Stimme brauchte eine Zeit lang, um sich zu erholen. Ich denke, Gott führte mich bewusst durch diese Schwierigkeiten, damit ich nicht stolz werde. In meinem Fall wäre ich sehr schnell stolz geworden.
Ich vollbrachte hervorragende Leistungen und unsere Gruppe trat bereits in der Stadt auf.
Ich muss sagen, dass ich auch eine aktive Rolle im Ensemble der Synagoge spielte. Als sie dort erfuhren, dass ich an Jeschua glaubte, hielten sie nicht mal mehr an, um mich zu begrüßen.
Die Gruppe der Synagoge „Simcha“ war in der Stadt berühmt und nun erschien als Konkurrenz unsere Gruppe „Shma Israel“, die ihre Lieder auf Hebräisch sang. Unser Auftritt sorgte für Aufsehen und als ich in die Synagoge ging, spürte ich böse Blicke. Doch, wie der Herr es wollte, wurde ich sowohl in der Synagoge als auch in der Gemeinde aufgenommen; jedoch die Haltung der Menschen mir gegenüber bedrückte mich.
Ich wollte schnell nach Israel, um mit all dem nicht mehr konfrontiert zu werden. Einige Leute aus der Synagoge versuchten mich zu überreden, eine Gruppe namens „Lechaim“, in der ich auch Mitglied war, nicht zu verlassen. Aber ich beschloss, dass es für mich an der Zeit war, eine Entscheidung zu treffen und ich wählte den Dienst in der Gemeinde.
Paradoxerweise ließen sie mich nicht aus der Synagoge, da ich in fast allen musikalischen Projekten beteiligt war. So saß ich bis zu meiner Aliyah auf zwei Stühlen.
Als ich mich für die Immigration nach Israel vorbereitete, wandte ich mich auf Rat von Freunden an die Synagoge, um ein gutes Empfehlungsschreiben zu erhalten, das ich auch ohne Probleme trotz meines Glaubens an Jeschua bekam, denn ohne mich lief fast keine Veranstaltung. Ich nahm alle meine Empfehlungen mit, jedoch nutzte ich sie nicht.
In Israel brauchte ich nur vorzusingen, um mein Talent zu beweisen, und keine Dokumente waren erforderlich. Israel schätzt seine Spezialisten, sogar in der Musik. Eine Karriere als Musiker in Israel anzustreben ist nicht einfach – es ist dort schwer, einen festen Job zu finden. Es gab sogar Zeiten, wo ich meinen Beruf wechseln wollte. 15 Jahre hab ich Gitarre gelernt, dazu noch einige Jahre Gesangsunterricht und ich fragte mich, was ich noch tun könnte. Doch dies stellte mich keinesfalls auf eine Stufe mit Opernsängern. Doch ehrlich gesagt, ich wollte nur singen, und so fing ich an zu beten, dass der Herr mir auch diese Tür öffnen und mir gute Lehrer auf den Weg schicken möge. Nach meiner Einschreibung in einem Opernchor begann ich, intensiv zu lernen, wohl wissend dass ich nur wegen der großen Barmherzigkeit Gottes und nicht wegen meines eigenen Verdienstes hier war. Meine Bemühungen waren nicht umsonst, und nach einer Weile stieg mein professionelles Niveau deutlich, so dass ich ein Sänger im Opernchor in Tel-Aviv geworden bin. Die Teilnahme an musikalischen Projekten hängt von den Fähigkeiten des Sängers ab und ich bin froh, dass der Herr mir die Möglichkeit gab, an ihnen teilzunehmen und mich somit im Bereich der Musik zu behaupten. Ich will für den Herrn singen.
Du bist auch Leiter der musikalischen Anbetung in der Gemeinde „Ewen Israel“…
In meiner Gemeinde in Kasan hatte ich einen Dienst, und ehrlich gesagt, viele wollten mich davon abhalten, nach Israel zu gehen mit der Begründung, dass ich auch so schon viel erreicht habe.
Meine Frau, die – das muss ich sagen – ebenfalls ein Geschenk Gottes ist, und ich planten eine Fortsetzung unseres Dienstes in Israel. Sie, die von Geburt aus Nichtjüdin ist, leistet einen Dienst am jüdischen Volk, und es scheint mir, dass sie mehr Jüdin ist als einige Juden. Angekommen in Israel machten wir uns auf die Suche nach unserer zukünftigen Gemeinde. Einige unserer Landsleute, die vor uns Israelis geworden waren, waren freundlicherweise bereit. uns in alle Gemeinden zu fahren. Viele von ihnen besuchten die Gemeinde von Pastor Shimon in Jerusalem. Es dauerte auch für uns eine Weile, bis wir unseren Platz herausfanden. Als ich zum ersten Mal den Lobpreis in der Gemeinde „Ewen Israel“ hörte, war mein musikalisches Gehör empört und ich fing an zu beten: „Herr, es kann doch nicht sein, dass wir Gläubigen uns von dem weltlichen Prinzip leiten lassen: 'Fische suchen, wo es tief ist; Menschen, wo es besser ist'“. Und so wurde ich Mitglied von „Ewen Israel“ und etwas später Leiter der Lobpreisgruppe.
Hast du an irgendwelchen gemeinsamen messianischen Projekten in Israel teilgenommen, zum Beispiel am messianischen Lobpreis?
Ich war nicht in der Lage, an besonders großen Projekten teilzunehmen, aber ich habe an Konferenzen über messianische Musik teilgenommen, wo Gemeinden ihre Lieder miteinander teilten. In der Regel findet die Konferenz in Yad-ha-Shmona nahe Jerusalem statt. Wir sind bereits als Musikgruppe von „Ewen Israel“ aufgetreten, zusammen mit der Autorin vieler Lieder, unserer Schwester Ljuda, einer Nichtjüdin, die jedoch ein großes Herz für die Juden hat.
Mir, einem Juden, gab der Herr die Möglichkeit, Lieder auf eine besondere Art und Weise auszudrücken. Bis heute wundert es mich, ehrlich gesagt, dass Menschen, die mit dem Judentum nichts zu tun haben, unter der Führung des heiligen Geistes wundervolle Lobpreislieder schreiben für den Gott von Abraham, Isaak, Jakob und für Jeschua, den Messias Israels.
Noch in Kasan bemerkte ich, wie Studenten, Musiker und Nichtjuden durch jüdische Musik eine Liebe zu Israel entwickelten. Ich erinnere mich an einen Geiger, einen Tataren, der schließlich auch eine Jüdin heiratete. Als er das „Klagelied Israels“ spielte, weinten tatsächlich Leute, so durchdringend spielte er, indem er die Musik verinnerlichte und spürte.
Unternehmen messianische Gemeinden in Israel gemeinsame Projekte?
Natürlich! Eine Gläubige aus Amerika schreib ein klassisches Werk unter Zugrundelegung einer messianischen Prophezeiung aus dem Tanach. Wir nahmen selber aktiv an der Entstehung teil. Wir holten uns einen Dirigenten, ein Orchester und führten unsere Arbeit einem breitem Publikum vor.
Viele gläubige Sänger und Musikanten versuchen, irgendwie bekannt zu werden, auf sich aufmerksam zu machen, und das ist schön. Alle zwei Jahre findet eine Konferenz für den Austausch unter musikalischen Diensten der Gemeinden statt. Als Ergebnis entstehen tolle professionelle, im Studio aufgenommene Alben.
Bist du an Projekten beteiligt, um das Evangelium in Israel zu verbreiten?
In unserer Gemeinde versuchte der Pastor, solche Projekte durchzuführen, aber ich weiß nicht, warum sie nicht funktioniert haben. Vielleicht aufgrund der Proteste der orthodoxen Juden. Einmal wurde ein Kind aus unserer Gemeinde während einer Straßenevangelisation mit einem Messer angegriffen. Glücklicherweise überlebte es. Doch nach diesem Vorfall haben wir beschlossen, so etwas nicht zu wiederholen. Eine andere messianische Gemeinde ist in dieser Hinsicht offener – sie organisieren einen Reiseservice. Mitglieder der Gemeinde fahren Touristengruppen durch Israel, zeigen ihnen die Orte, wo einst Jeschua ging, und erzählen über sein Leben. Als Ergebnis kommen mehr Menschen in die Gemeinde.
Hast du einen Traum oder eine Idee, wie man den messianischen Lobpreis aufbauen könnte?
Ich habe einen Traum. Ich möchte Menschen aus der ganzen Welt durch messianische Lieder mit dem messianischen Israel bekannt machen. Das, was mit Predigten zu übertragen unmöglich ist, überträgt sich mit Musik leichter. Ich persönlich war oft Zeuge von Bekehrungen zum jüdischen Messias durch vollkommene, göttliche messianische Musik. Ich glaube, dass Gott mir die Fähigkeit gegeben hat, ihm auf besondere Weise zu dienen.
Vielen Dank! Viel Erfolg in deiner Karriere als Opernsänger und reichlich Gottes Segen in deinem Lobpreisdienst!